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Stadtwerke können oder müssen sogar den Aufbau und den Betrieb der Infrastruktur einer Smart-City übernehmen. Denn Stadtwerke haben einen Mehrwert, den Technologie-Konzerne oder Start-ups nie erreichen können. Sie haben das Vertrauen der Menschen vor Ort, das sehr wichtig ist für die Akzeptanz Smart-City Services. Stadtwerke haben auch die Erfahrung im Aufbau einer lokalen Infrastruktur. Hinzu kommt, dass Stadtwerke eine gute lokale Vernetzung haben, so können sie attraktive Services in Zusammenarbeit mit anderen lokalen Akteuren anbieten. Klingt als seien Smart-City und Stadtwerke füreinander bestimmt. Naja, dazu müssen sie sich aber auch digitale Kompetenz aneignen und die Veränderungen durch die digitale Transformation wirklich verstehen und verinnerlichen. Was alles dazu gehört und welche Beispiele es bereits gibt, zeigt dieser Text.
Was kann man sich eigentlich unter einer Smart-City vorstellen und welche Rolle können Stadtwerke in einer Smart-City spielen?
Eine Smart-City kann man als die Summe von Leistungen und Diensten einer Kommune oder einer Stadt verstehen, die durch Digitalisierung von Verwaltungsleistungen und durch Vernetzung von Sensoren in der ganzen Stadt entstehen. In wenigen Jahren werden Services und Leistungen einer Smart-City kaum noch weg zu denken sein aus unserem Alltag. Für die Akzeptanz ist es essentiell, dass die Smart-City von einem vertrauenswürdigen Anbieter betrieben wird und einen Mehrwert liefert, auf den wir nicht verzichten wollen.
Also, auch wenn es sehr verlockend ist und Smart-City nach Technologie klingt, müssen wir die Smart-City zuerst immer aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger betrachten. Wie bringt der Einsatz von smarter Technologie den Menschen vor Ort einen realen Mehrwert zur Verbesserung ihres Alltags? Der andere Aspekt von Lösungen für die Smart-City ist die Verbesserung der Kosteneffizienz von städtischen Leistungen. Wenn moderne Kommunikationswege helfen Kosten einzusparen, macht der Einsatz entsprechender Technologien ebenfalls Sinn.
Beides, die Orientierung an den Menschen vor Ort und das Sparen letztlich von Steuergeldern, spricht für die Stadtwerke als Kompetenzträger in der Smart-City.
Ein gutes Beispiel für eine gelebte Bürgerorientierung entsteht vielleicht in Wuppertal, dort möchte man als digitale Modellkommune in NRW auf dem Weg zur Smart City die Akteure der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und der Forschung einbeziehen. Eine solche Beteiligung klingt gut, darf aber nicht zu einer Alibi-Veranstaltung verkommen oder nur diejenigen aktivieren, die ohnehin interessiert sind.
Praktischer und anschaulicher ist aber das Angebot der Tal.App der Wuppertaler Stadtwerke. Sie bietet viele interessante Informationen zum Leben in Wuppertal. Dazu gehören beispielsweise die Auslastung der Parkhäuser, aktuelle Angebote und Termine, sowie Informationen zum Wasser oder zu den eigenen Stromkosten. Interessant wären auch noch hilfreiche Informationen, wie Apotheken-Notdienste, Ärzte oder verfügbare Handwerker.
Genauso wie die Versorgung mit Strom, Fernwärme, Gas und Wasser, sowie Telekommunikation benötigt eine smarte Stadt oder Kommune eine entsprechende Infrastruktur. Ohne lokale Netzwerke, sei es LoRaWan, ein öffentliches WLAN, DSL oder Glasfaser, kann es keine Smart-City geben.
Erst mit der Infrastruktur für die Kommunikation kann man andere Versorgungseinrichtungen digitalisieren und neue Geschäftsmodelle, Mehrwerte und Effizienzpotentiale nutzen. Ein solches Beispiel ist der flächendeckende Rollout eines LoRaWAN-Netzes der Thüga Smart-Services in Nürnberg und in Braunschweig.
Damit bietet sich die Errichtung der digitalen Infrastruktur als eine Aufgabe für Stadtwerke an.
Durch den Aufbau einer eigenen Infrastruktur halten Kommunen alle Möglichkeiten zur späteren Nutzung offen und sind nicht auf privatwirtschaftliche Unternehmen angewiesen. Sie können die Netze für eigene neue Dienstleistungen nutzen, wie auch die Kosteneffizienz von anderen Leistungen erhöhen. Dies schließt die wirtschaftliche Nutzung durch andere Unternehmen aber nicht aus.
Mit einer eigenen digitalen Infrastruktur behalten die Kommunen die Kontrolle über künftige Einsatzmöglichkeiten, über die Daten und über die Kosten. Sie müssen sich damit nicht in die Abhängigkeit von Technologie-Unternehmen begeben, bei dem sie weniger Freiheiten im weiteren Ausbau oder bei der späteren Nutzung haben. Zudem können sie Aufträge vergeben an lokale Unternehmen für z.B. Handwerks-Leistungen und damit die Wertschöpfung vor Ort behalten.
Dafür müssen die Stadtwerke aber eine eigene digitale Kompetenz aufbauen. Das bedeutet Stadtwerke müssen verstehen, wie digitale Unternehmen ticken und arbeiten, müssen selbst Software-Services entwickeln oder zusammen mit anderen aufbauen können, die sich durch hohe Usability und ständige Verfügbarkeit auszeichnen. Als Messlatte dienen in großen Teilen leider die inzwischen weit davon geeilten Tech-Konzerne wie Google, Apple, Amazon oder Cisco sowie Start-ups wie S O NAH (Park-Sensoren) oder IoT connctd (Smart-City-Service-Creation-Plattformen), die sich (noch) in technologischen Nischen tummeln.
Digitale Identitäten, Cybersecurity, 5G-Netze, Internet of Things oder Open-Data dürfen dann absolut keine Fremdworte mehr sein für Geschäftsführer der Stadtwerke. Ganz im Gegenteil ist hier ein tiefes Wissen und Verständnis notwendig, um diese digitale Transformation zu verstehen, im eigenen Unternehmen anzustoßen und mit umfangreichen Ressourcen ausstatten zu können. Hilfreich auch für die Außenwirkung wäre dafür zum Beispiel, wenn statt des klassischen 2. technischen Geschäftsführers einmal ein ausgewiesener Digitalexperte den Weg in die Geschäftsführung finden würde.
Die neuen Kompetenzfelder müssen (und können viele) Stadtwerke nicht alleine angehen. Auch andere Stadtwerke in der gleichen Region müssen sich den gleichen Aufgaben stellen. Damit bietet sich eine Zusammenarbeit an, um gemeinsam die Kompetenzen aufzubauen und sich vor Ort zu unterstützen.
Ein solches Beispiel ist die kommunale Frankenmetering GmbH & Co. KG, zu der sich 13 fränkische kommunale Energieversorger zusammengeschlossen haben. Das neue Unternehmen hat die Aufgabe die Kommunen in der Digitalisierung, insbesondere beim Smart-Meter-Rollout zu unterstützen.
Ein anderes Beispiel sind anstehende Sanierungen der Wohnungen von kommunalen Baugesellschaften. In der Zusammenarbeit können die Partner Häuser fit machen für ein schnelles Internet mit Glasfaser-Leitungen oder vorbereiten für ein Smart-Home. Ein konkretes Beispiel entsteht derzeit in Jena-Lobeda. Dort soll ein smartes Quartier entstehen mit 300 Wohnungen und einer smarten Vernetzung. Dazu gehören unterschiedliche Teilprojekte aus den Bereichen Energie, Mobilität, Einkauf und Logistik, sowie Tele-Medizin.
Eine andere Form der Zusammenarbeit gibt es in der Region um Darmstadt. Dort arbeitet der regionale Versorger Entega AG mit den umliegenden Kommunen zusammen, um das Angebot für die Elektromobilität auszubauen. Zusätzlich zum Ausbau der Ladeinfrastruktur bietet Entega den Kommunen seit dem Sommer 2018 die Nutzung von Elektrofahrzeugen zur Miete an. Diese Fahrzeuge können Mitarbeiter der Verwaltung oder auch die Bürgerinnen und Bürger nutzen, um die Elektromobilität testen zu können.
Es gibt schon so viele Beispiele für eine Smart-City (das Unternehmen beesmart.city hat weltweit fast 1000 dieser Beispiele für Smart-Cities zusammengetragen). Manches funktioniert und manches muss man kritisch betrachten. Das heißt aber nicht, dass andere Kommunen alle funktionierenden Ideen für sich übernehmen können. Es gibt keinen allgemeingültigen Plan, den man abarbeiten könnte. Jede Smart-City ist individuell und von den jeweiligen Gegebenheiten und Möglichkeiten abhängig. Dabei können Stadtwerke die Aufgabe als kommunaler Infrastruktur-Anbieter übernehmen und sich als digitaler Kompetenzträger vor Ort etablieren. Zentrale Voraussetzung ist dabei die Kombination aus digitaler Kompetenz und ehrlicher Orientierung an den echten Problemen der Bürgerinnen und Bürger.
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